Aus der Geschichte des Bergwerks St. Marienberg

Tiefer Stollen der Grube St. Marienberg
Tiefer Stollen der Grube St. Marienberg

In einer Beschreibung des Bergwerks Marienberg aus dem Jahre 1789 schreibt Carl-Wilhelm Nose, dass die Alten die Erze schon mit der alten Technik des Feuersetzen (ohne Pulver) gewonnen hätten. Da das Schießpulver um 1300 von dem Franziskaner-Mönch Schwarz erfunden worden war, kann man also davon ausgehen, das hier schon im Spätmittelalter Erze im Tiefbau abgebaut wurden.

Erste Überlieferungen von Bergmeister Christoff Frantz 1668 über das Bergwerk im Siepen, so der alte Namen, sprechen von einer regen Bergbautätigkeit im Anfang des 17.Jahrhunderts mit einer vortrefflichen Wasserkunst. Wegen der stark zulaufenden Wasser habe man die Grube jedoch aufgeben müssen, der Richtschacht sei eingestürzt und habe eine große Mulde hinterlassen. Infolge des 30-jährigen Krieges (1618-1648) lag der Bergbau still.

Bergmeister Frantz empfiehlt 1668 die Grube durch den Bau eines 800m langen Stollens vom Breitbachtal, von der ehem. Schmelze aus, zu entwässern und wieder in Betrieb zunehmen.

1694 wird Anton Clouth, Brückenmeister zu Köln, mit den Bergrechten aller Bergwerke im Rheinbreitbacher Distrikt belehnt, wozu auch die Grube im Siepen zählt. Um 1700 nimmt Anton Clouth neben dem Virneberger-Grundstollen auch diesen Stollen mit seinen Mitgewerken Peter Breuer und Joh. Arnold de Reux in Angriff. 1715 hatte man den Stollen bis auf 654m Länge vorangetrieben und einen Luftschacht angelegt. Im Jahr 1716 kamen die Bergleute einer mit Wasser gefüllten, tektonischen Mulde zu nahe, worauf gewaltige Mengen Wasser und Geröll in den Stollen eindrangen und die Arbeiter sich nur mit Mühe und Not retten konnten. Man benötigte 8 Wochen Tag und Nachtarbeit um den Stollen wieder frei zu räumen.

Interessanter Weise wiederholte sich die Geschichte später in ähnlicher Art noch einmal. Als Arbeiter für die Gemeinde im Hattenbachtal in den 50-60er Jahren einen Trinkwasserbrunnen gruben, kamen Sie eben diesem Stollen wiederum zu nahe, worauf das Wasser so schnell in den Brunnenschacht eindrang, dass man die Werkzeuge in der Eile zurücklassen musste. Diese schicksalhafte Verbindung zum Entwässerungsstollen des Bergwerks führte auch zur Verseuchung des Rheinbreitbacher Trinkwassers Ende der 1960er Jahre mit Gülle von den Bruchhausener Feldern.

Noch im Jahre 1716 erreichte der Stollen die Grube im Siepen. Clouth setzte den Bergbau hier aber wegen seinen Aktivitäten am benachbarten Bergwerk Virneberg und wegen Zehntstreitigkeiten nicht weiter fort und ließ die Bergrechte ins Freie fallen. Hierdurch konnten die Gewerken Christoph Zeesbach, Peter Müller und Johann Cassel am 20.März 1724 das Bergwerk unter dem Namen St. Maria oder auch Marienberg neu belehnen. Interessanter Weise wurde der Namen St. Marienberg im Volksmund immer mit Betonung auf der ersten Silbe ausgesprochen (Maarienberch). Der Virneberg erhielt kurz darauf den Namen St. Josephsberg.

Bereits 1725 ging es in den Besitz von den Kaufleuten Wilhelm Hack und Reinhard Meinerzhagen über. Vom Kurfürst wurde eine Zehntermäßigung und Zollfreiheit gewährt. Zu dieser Zeit wurden im Hattenbachtal eine Radkunst, Poch- und Waschwerke, sowie eine Schmelzhütte angelegt.

Im Jahr 1728 stritt man sich mit der St.Josephsberger-Gewerkschaft um die vormals gemeinsame Schmelze im Breitbachtal. Auf Geheiß von Kurfürst Clemens-August musste dann die angrenzende, sich im gräflichen Besitz befindende Obere Mahlmühle, der St.Marienberger-Gewerkschaft 1731 für eine Pacht von 12 Malter Korn und 1 fetten Schwein zur Verfügung gestellt werden.

Seigerriss des Feldschacht 1803
Seigerriss des Feldschacht 1803

1731/32 hatte man das Bergwerk mittels zweier Wasserkünste in einen florierenden Betrieb gesetzt. Im Jahr 1737 brach bei starkem Schneeabgang die gemauerte Radstube mit dem Kunstschacht zusammen. Darauf hin entschloss sich die Gewerkschaft zum Heranholen eines Tiefen-Stollen, der nach erheblichen Ausgaben 1741 sein Ziel erreichte. Allerdings musste man jetzt feststellen, das der alte Abbau bereits bis 25m unter das neue Stollenniveau reichte und man wieder eine Wasserkunst zum Antrieb von Pumpen einsetzen musste. 1751 waren 150 Mann auf dem Marienberg beschäftigt. Die Grube war bis 1790 eine der ertragreichsten der Rheingegend.

Nachdem Meinerzhagen 1732 verstorben war, schieden seine Kinder im Jahr 1740 aus, weil der Vormund befürchtete Sie könnten ihr Erbteil im risikoreichen Bergbau verlieren. Nach dem Tode von Hacks 1758 ging die Grube in den Besitz seines Neffen Behaghel Edler von Hack über. Der Abbau unter seiner Gewerkschaft ging bis in 120m Tiefe, die mächtigen Poch- und Scheideerze standen in etwa 1 Meter Mächtigkeit an. Ein Tag-Schacht am Brungsloch geht bis auf 34m Tiefe zum Entwässerungsstollen. Mehrere alte Schächte Richtung Bruchhausen sind zusammen gestürzt.

Der Steiger gibt 1789 an, das 56m unter dem Tiefen Stollen die Erze trotz einer Kunstanlage mit 5 Weihern und 3-fachen Pumpensätzen, wegen der stark zulaufenden Wässer, nicht gewonnen werden können. Es waren 12 Mann Knappschaft mit Steiger und Schmelzer in der Grube beschäftigt, die 800-1000 Zentner Erz jährlich förderten. Die aus Poch- und Waschwerk, sowie Schmelzhütte bestehende Erzaufbereitung produzierte daraus 25? Zentner Kupfer. Freiherr von Hack ging letztlich durch seine Aktivitäten im Ausland in Konkurs, wodurch der Bergbau um 1790 zum Erliegen kam und die Anlagen zerfielen.

1793 ersteigerte der Hofrat Carl Bleibtreu aus Neuwied gemeinsam mit seinen Schwägern, den Brüdern Bolkhaus, die in Köln eine bedeutende Kupferhandlung betreiben, für 730 Gulden das Marienberger Berg- und Hüttenwerk, welches 1797 wieder in Betrieb genommen wurde.

Am 3. März 1800 gaben vier alte, bergfreie Knappen schriftliches Zeugnis über die vorhandenen reichen Erzvorkommen ab und behaupteten, von Hack habe die Grube absichtlich absaufen lassen, wodurch 40 Ganghauer um Arbeit und Verdienst gekommen seien. Im Jahr 1805 bestand die Gewerkschaft aus den Brüdern Engelbert u. Christian Rhodius, Abraham u. Leopold Bleibtreu, sowie den Gebrüdern Bolkhaus, die ebenfalls auch an den Bergwerken Virneberg, Theresia, Carlsglück und Bolkhausens-Erzlust aktiv waren. 1817 kommt noch Matthias-Leonhard Schleicher aus einer alten und bedeutenden Stolberger Kupfermeisterfamilie hinzu. In den Jahren 1800-1815 wurden 3709 Zentner Garkupfer gewonnen.

1805 ist der Kunstschacht im Gesamten 80m tief. Von dem Kunstrad in 30m Tiefe läuft das Wasser über den Grundstollen Richtung Breitbachtal ab, die Pumpen heben das Wasser aus weiteren 50 Metern des Kunstschachts. Der Grundstollen diente vermutlich auch der Förderung der Erze bis zur Schmelze in der Nähe des Mundlochs. 1822 wurde noch ein neuer Schacht abgeteuft, 1824 bestand die Belegschaft aus 38 Mann. Durch den fallenden Kupferpreis musste man dann die Wasserhaltung einstellen, den Tiefbau absaufen lassen und 1830 die Grube ganz aufgeben. Die Gebäude und Anlagen zerfielen.

1838 ließ die Metallurgische Gesellschaft zu Stolberg durch Georg Preston drei neue Mutungen vornehmen. Am Gotthelfschacht unter dem Namen Marienberg, am Feldschacht unter Namen Laura und am Engelbertschacht unter Elvira. Im Jahr 1841 wurde die Grube neu belehnt und 1843 zu einer Zeche zusammen gefasst. Mit Hilfe der Dampfkraft drang man bis in 175m Tiefe vor und baute edle Gangmittel ab. Zur Befeuerung diente Braunkohle aus einer Grube in Orsberg.

Im Jahr 1842 begann man mit dem Bau eines neuen Stollens, der Engelbert-Strecke in Richtung Gotthelf- und Julienschacht, die Ende 1844 eine Länge von 335m erreicht hatte. In einem Querschlag baute man das Kupfer ab. Der obere Teil des Gotthelfschachtes stürzte 1844 ein, so das man sich zur Anlage eines neuen Schachts entschließen musste.

Am 30.September 1844 wurde der erste Hau am Julienschacht getan. Er sollte eine lichte Weite von 4 Fuß (1,3m) und 11 Fuß (3,5m) haben. Er wurde von 4 auswärtigen Arbeitern abgeteuft und verzimmert. Der obere Teil des Schachtes war Ende des Jahres fertig. 1845/46 wurde dieser Teil dann ausgemauert und das Maschinenhaus aus Ziegelsteinen errichtet die man direkt am Schacht vom Lehm eines angekauften Ackers brannte. Am 28. März 1846 war man bereits 10m unter der alten Stollensohle. Ende 1847 hatte der Julienschacht eine Tiefe von 110m erreicht, 1850 war man bis auf 175m und letztendlich bis 195m vorgedrungen. Für den Abbau 125m unter dem Tiefen Stollen war eine Dampfmaschine mit 50PS im Einsatz, der Erzgang wurde auf 380m Länge bis zur Wilhelminenkluft auf 4 Sohlen abgebaut.

Die Erze wurden nun direkt auf der Grube in einer Kupfer- und Vitriolhütte verarbeitet und später dann nach Bendorf transportiert. Die Erzproduktion betrug 1854 20.036 Zentner und 1855 12.704 Ztn. Durch die steigenden Kosten des Tiefbaubetriebs musste dann auch diese Gesellschaft den Betrieb noch im Jahr 1855 einstellen.

Im April 1864 nahmen die Franzosen Eduard Estivant und sein Bruder den Bergbaubetrieb wieder auf. Ohne großen Erfolg wurde einer neuer Maschinenschacht auf 120m, bis zum Wilhelminengang abgeteuft. 1867 waren 32 Mann beschäftigt. 1868 ging der Hauptschacht (Julienschacht) zu Bruch. In der Hattenbach wurde der neue Brüderschacht von Grubenrepräsentant Gustav Heinrich projektiert jedoch 1868 wieder verworfen. Der Maschinenschacht (Eduardschacht) am Dockelbrunnen wurde 1872 mit einer Seilfahrt (3 Personen im Förderkorb) ausgerüstet.

Nachdem man in den ersten Monaten 1874 noch 200 Zentner Kupfererz gefördert hatte, wurde die Grube wegen geringer Erzführung unwirtschaftlich. Nach einem Bruch des Pumpengestänges im Eduardschacht erfolgte am 4. Mai 1874 dann die endgültige Stilllegung. Hierdurch wurde binnen kurzer Zeit der gesamte Tiefbau unter Wasser gesetzt, in der nötigen Eile mussten sämtliche Schienenbahnen und viel Gezähe (Werkzeuge) zurückgelassen werden.

Am 20. Mai erfolgte die letzte Eintragung ins Zechenbuch.

Quellen

  • C.W. Nose, Orographische Briefe über das Siebengebirge, Frankfurt 1789
  • Ferdinand Wurzer, Taschenbuch zur Bereisung des Siebengebirges, Köln 1805
  • Christian von Stramberg, Rheinischer Antiquarius, Coblenz 1860
  • Carl Heusler, Beschreibung des Bergreviers Brühl-Unkel, Bonn 1897
  • Paul Overbeck, Bleibtreu Familien-Chronik, Bonn 1886
  • Dr. Max Muß, Leopold Bleibtreu Biographie, Essen 1920
  • Brungs/Faber, Geschichte Rheinbreitbachs, 1929/1952
  • H.J. Fuchs, S. Kalbhenn, M. Muhr, Rheinbreitbach Mit Schlägel und Eisen, Haltern 1986
  • Verschiedene Unterlagen, Sammlung H. J. Fuchs und J. Fuchs

Jürgen Fuchs, April 1996 / ergänzt Dezember 2001