Brandkorps

Neues von den Anfängen der Rheinbreitbacher Feuerwehr

Oder: Als beim Brandkorps noch „die Drücker“ vereidigt wurden

Auch schon im 19. Jahrhundert setzten die Rheinbreitbacher der Feuergefahr eine schlagkräftige Truppe entgegen. Und zwar ein 50-köpfiges Brandkorps.

Feuerwehrhelm
Feuerwehrhelm

Noch vor einigen Jahren erstellte Josef Schultheis eine lesenswerte und umfangreiche Chronik zum 75-jährigen Jubiläum der 1908 gegründeten freiwilligen Feuerwehr. Von den Vorläufern der Feuerwehr war damals und bis vor kurzem nur sehr wenig bekannt.

Dennoch tauchen sie manchmal unverhofft wieder auf, die Namen der Ur- und Ururgroßväter. So wurde dem Heimatverein vor einiger Zeit vom Unkeler Stadtarchivar ein altes Protokollbuch des Rheinbreitbacher Gemeinderates aus der Zeit von 1846-1879 als Leihgabe zur Verfügung gestellt. Das Buch birgt wahrscheinlich noch viele unbekannte „Schätze“, denn die handgeschriebene alte deutsche Schrift ist für moderne Zeitgenossen nur schwerlich zu entziffern. Aber die Freunde der Heimat- und Feuerwehr-Geschichte haben Glück, die vielen bekannten Familiennamen der Mitglieder des Brandkorps fallen einem beim Durchsehen des alten Dokuments schnell ins Auge.

Zur Mitte des 19. Jahrhunderts erließen die preußischen Bezirksregierungen sogenannte Feuer-Ordnungen. Jeder Dorfgemeinde wurde die Beschaffung und Instandhaltung einer Spritze nebst Zubehör, von Feuerhaken und Feuerleitern zur Pflicht gemacht. Jeder Hausbesitzer musste einen ledernen Brandeimer bereit halten. Zudem musste ein Brandkorps aufgestellt werden.

Eintragung im alten Ratsbuch
Eintragung im alten Ratsbuch

In dem alten Ratsbuch befinden sich vom 10. Mai 1857 bis zum 9. Dezember 1877 sechsmal die Auswahl und Benennung der Mannschaften durch den Rheinbreitbacher Gemeinderat. Die Gewählten wurden unter Eid verpflichtet, wenigstens drei Jahre bis zur nächsten Wahl im Brandkorps zu bleiben. Im Ansehen der damaligen Bürgerschaft galt es als besonders ehrenvoll dem Korpsgeist entsprechend eine solche Aufgabe zu übernehmen. Bei der Auswahl der Mitglieder legte man besonderen Wert auf deren Fähigkeiten und Charakter.

An erster Stelle wurde der Spritzenmeister benannt. Von 1857 bis 1872 bekleidete diese wichtige Position Jakob Nuhs, der als Schlossermeister die mechanische Funktion der Spritze am besten im Griff hatte. Sein Stellvertreter war Wilhelm Clouth der bekannte Gastwirt des Clouthschen Hofes. 1877 wurde dann Anton Nuhs Spritzenmeister. Die Schlosserfamilie Nuhs betrieb die über 300 Jahre alte Dorfschmiede auf dem Kirchplatz, die später vom Schlosser Uhrmacher übernommen wurde. Hinter der Schmiede befand sich auch ein kleines Spritzenhaus mit den Löschgerätschaften. Beide Gebäude sind dann 1908 bei einem großen Brand vollständig zerstört worden.

Zwei Schlauchführer hatten das Verlegen der Schläuche in die Wege zu leiten und darauf zu achten das niemand, im wahrsten Sinne des Wortes, „auf dem Schlauch stand“. Am Ende des Schlauches war ein starkes Tau zu befestigen, damit dieser beim Erklettern von Gebäuden leichter nachgezogen werden konnte. 1867 waren Josef Westhofen und Johann Menden zu Schlauchführern erwählt worden. Ein Josef Westhofen war ab 1908 auch der erste Brandmeister der freiwilligen Feuerwehr.

Andreas Menden und Christian Bachem waren die Leitermeister, sie waren dafür zuständig die Brandleitern vom Spritzenhaus schnellstens zum Brandort zu bringen. An den Leitern befanden sich oben zwei lange Haken damit sie in Fensteröffnungen eingehangen werden konnten.

Zwei Hakenmeister wurden zweckmäßigerweise aus dem Kreis der Dachdecker oder Zimmerleute bestimmt. Dies waren von 1857–67 Anton Waldorf und Andreas Rederscheid.

Zur Eindämmung des Brandes riss man mit den Einreißhaken das Gebälk und die Dachkonstruktion herunter. Holz und leicht brennbare Materialien mussten sofort von der Brandstelle weggeschafft werden.

Feuerwehrspritze
Feuerwehrspritze

Zu Drückern an der großen Spritze waren 12 Mann unter Handlung von Eidesstatt vom Bürgermeister des Amtes Unkel verpflichtet worden. Ab dem Jahr 1861 waren dies: Joh. Jos. Mechnig, Joh. Menden Sohn von Adolf, Albert Lindner, Johann Menden, Joh. Müller jun., Gottfried Fuchs, Peter Haller II, Joh. Mechnig sen., Pet. Jos. Schultheis, Franz Wilh. Roeser, Johann Rosenblühe und Johann Kräften. Vermutlich drückten jeweils 3 Mann auf jeder Seite den wippenähnlichen Hebelarm der Spritzenpumpe auf und nieder. Wegen der Kraftanstrengung könnten sie sich dann mit den anderen sechs Drückern abgewechselt haben.

Rheinbreitbach besaß noch eine zweite kleinere Spritze. Diese drückten 1872 zum Beispiel Joh. Jos. Welbaum, Jos. Stephens, Heinrich Nagel und Gottfried Menden.

Im Brandfall mussten die Einwohner mit ihren Löscheimern zur Unterstützung des Brandkorps zur Brandstelle eilen. Vier Leute vom Brandkorps übernahmen dann die Leitung zur Reihenbildung zwecks der Wasserherbeischaffung. In Rheinbreitbach dürften in erster Linie der offen durch den Ort fließende Breitbach und der Vonsbach zur Wasserbeschaffung gedient haben. Zur Ergänzung wurden die Pumpen der Brunnen an den zentralen Plätzen genutzt, die deshalb auch einer besonderen Unterhaltungspflicht unterlagen. Auch wurden sogenannte Brandpfuhle angelegt, in denen sich das Regenwasser aus den Gossen ansammelte. Von diesen Wasserquellen bildete man dann eine Menschenreihe bis zum Brandort. Die gefüllten Ledereimer wurde von Hand zu Hand weiter gegeben und letztendlich in den Behälter der Spritze ausgegossen.

Lederner Löscheimer
Lederner Löscheimer

20 Mitglieder wurden zur Brandwache berufen. Die eine Hälfte dieser Brandwache war mit sogenannten „Rettungssäcken“ versehen, vermutlich um das Hab und Gut der Brandopfer zu retten. Die andere Hälfte versah das Amt einer Art Brandpolizei und hatte die Aufgabe: „Zur Bewahrung der Gegenstände beim Brande und um den Rettungsmannschaften hülfreiche Hand zu leisten“ So musste die Brandstätte vor Unberufenen und Neugierigen abgesperrt werden und auch nach dem Löschen des Brandes längere Zeit darauf geachtet werden, dass der Brand sich nicht neu entzündet. Mitglieder dieser Brandwache waren ab 1867: Adolph Müller, Anton Müller, Heinr. Jos. Menden, Gottf. Richarz, Paul Landsberg, Franz Unkels, Mathias Thäl, Heinr. Uhrmacher, Leonard Thelen (Postbote), Joh. Jos. Heckner, Heinr. Henscheidt, Michael Düren, Leonard Thelen (Bäcker), Egidius Wierig, Albert Eich, Bernhard Spürkel, Leonard Wilsberg, Franz Heckner, Joh. Weistenfeld.

Chef der Brandwache war der bekannte Virneberger Obersteiger Joseph Mühlenbein. Er übernahm damals im Ort und im Revier viel Verantwortung. Neben seiner wichtigen Funktion im Bergmannsberuf, in der er auch für auswärtige Gruben zuständig war, war er Mitglied im Gemeinderat. Als Knappschaftsältester war er im Vorstand des Knappschaftsvereins der zusammengelegten Bergbaureviere Hamm(Sieg) und Unkel, einem Vorläufer der heutigen Sozialversicherung. Auch übernahm er von der Gemeinde den Auftrag zum Bau eines Brunnens.

Im Jahre 1867 gab es dann noch zwei Feuerboten, Ferdinand Sattler und Christian Jünger. Im Brandfall wurde das Horn geblasen und rufend durch die Strassen und Gassen gelaufen um das Brandkorps und die Bürger mit den Ledereimern zu alarmieren. Zur Zeit in der es noch keine Straßenlaternen gab, mussten dann Nachts die Hausbewohner zur Beleuchtung eine Lampe ins Fenster hängen. Den Feuerboten oblag es wohl auch bei großen Feuern die Brandkorps der Nachbarorte zu verständigen. Auch wurde mit der Brandglocke im Kirchturm „Sturmgeläutet“ damit die Landwirte von ihren Feldern und Weinbergen zur Hilfe eilen konnten. Ab 1872 wurden hierfür noch zusätzlich zwei Mann zum Brandleuten bestellt, dies waren Jos. Theisen und Heinrich Uhrmacher II.

In den Jahren vor und um 1870/71 zog das preußische Militär Zug um Zug fast die gesamte männliche Bevölkerung für Jahre zum Militärdienst und zum deutsch-französischen Krieg heran. Mit der verbliebenen Bevölkerung konnte das Feuerlöschwesen nur noch ungenügend aufrecht erhalten werden. Zum Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden dann die freiwilligen Feuerwehren ins Leben gerufen.

Jürgen Fuchs, Januar 2003