Ehemalige Mühlen und Wasserräder in Rheinbreitbach

„Als das Wasser des Breitbachs noch arbeiten musste“

Das uralte Kinderlied „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach“ ist wohl jedem bekannt. In Vergessenheit geraten ist jedoch, dass auch der Rheinbreitbacher Hausbach „Breitbach“ in längst vergangenen Zeiten dem Antrieb einer ganzen Reihe von Mühlen und Wasserrädern diente. Die Nutzung des Bachlaufes und dessen Wasserkraft wird sicherlich ein ausschlaggebender Punkt für die Ansiedlung und Gründung des Ortes in fränkischer Zeit (vor 966) gewesen sein. Dieser nannte sich auch ehemals, genau wie der Bach, einfach „Breitbach“. Das offen durch das Dorf fließende Gewässer wurde von den „Breitbachern“ jahrhunderte lang zur Viehtränke, zum Waschen, zum Bewässern der Felder und vielem mehr genutzt. Es hatte somit früher, im Gegensatz zur heutigen Zeit, eine sehr große Bedeutung.

Alter Mühlstein
Alter Mühlstein.
Hauptstraße, Ecke Gebrüder-Grimm-Straße

Wann die ersten Wassermühlen am Breitbach errichtet worden sind, ist nicht mehr überliefert. Dies wird sicherlich schon im Hochmittelalter gewesen sein. Im Jahr 1364 wird jedenfalls ein Konrad von Breitbach mit einem Hof im Mühlental belehnt. Wenn bereits damals das Tal nach den Mühlen (in der Mehrzahl) benannt war, kann man mit Bestimmtheit davon ausgehen, dass diese hier auch schon seit längerer Zeit betrieben worden sind. Die Ausdehnung von Agrarflächen durch die Rodung von Wäldern führte vom 11. bis zum 14. Jahrhundert zu einem zusätzlichen Bedarf an Getreidemühlen.

Standort der Schleifmühle
Standort der Schleifmühle,
Auszug Grundkarte 1:5.000

Die Landesherren nahmen alle in ihrem Gebiet fließenden Gewässer für sich in Anspruch. In unserem Gebiet waren dies ursprünglich die Grafen von Sayn und ab dem Jahr 1264 die Kölner Erzbischöfe. Die Herren von Breitbach waren Dienstmannen bzw. Lehensträger der Landesherren, ihnen wurden die Wasser- und Mühlenrechte übertragen. So errichteten sie die Mühlen, die dann verpachtet wurden. Die Müller mussten dann jährlich eine Pacht, oft in Naturalien, abgeben. Von den Bauern behielt der Müller einen gewissen Teil des Mahlgutes, „die Molter“, als seinen Lohn ein. Für die Burgherren musste er „molterfrei“ mahlen.

Was erinnert uns heute noch an die Mühlen? Der erste Gedanke fällt auf das örtlich bekannte Restaurant „Zur Mühle“. Bedauerlicherweise ist dies inzwischen ein kompletter Neubau in einem Sporthallenkomplex, bei dem nur der Name noch an den historischen Standort der „Unteren Mühle“ erinnert. Wenn man jedoch seine Heimat etwas genauer durchstreift, so sind auch heute noch einige echte Mühlenrelikte zu entdecken. So findet man im Dorf zwei alte Getreidemahlsteine die zu Tischen an öffentlichen Sitzplätzen umfunktioniert wurden, etwas versteckter ist ein zerbrochener Mühlstein in der Pflasterung des Hofes am heutigen örtlichen Heimatmuseum. Die alten Gemarkungen „Mühlenberg“ und „Mühlenhardt“ liegen nördlich, bzw. südlich des Mühlentales, die Wege-/ Straßennamen „Eselsweg“ und „Mühlenweg“ beziehen sich auf ehemalige Verbindungen zu den Mühlen. Und noch lange nicht alle ehemaligen Mühlengebäude sind abgerissen oder verfallen, deren drei werden auch heute noch bewohnt.

Alte Mühle in Rheinbreitbach
Alte Mühle in Rheinbreitbach

Nicht nur die Mühlen wurden vom Breitbach angetrieben. Es ist erstaunlich, wie vielfältig die Nutzung war. Auch die ehemaligen Bergwerke und ein Hammerwerk wussten effektiv die Wasserkraft zu nutzen. An mindestens 10 Stellen hat der Breitbach dem Menschen im Laufe der Zeitepochen Arbeitskraft abgenommen.
Bereits im Quellgebiet des Breitbachs nördlich von Bruchhausen wurden dessen Zuflussbäche nach kurzem Lauf aufgestaut, und das Wasser in langen Gräben zu den Antriebsrädern umgeleitet. Wie uns heute nur noch der Name verrät, muss sich in direkter Nähe des ehemaligen Bergwerks Sankt Marienberg die so genannte „Dockenmühle“ (Docke = Getreidebündel) befunden haben. Diese Mühle muss uralt gewesen sein, da zu ihr keinerlei Angaben in den Ortsgeschichten von Bruchhausen, Rheinbreitbach oder in anderen Quellen zu finden sind. Der ehemalige Mühlenteich „Dockemühlenweiher“ (heute noch als Fischteich existent) diente auch zur Speisung der „Wasserkunst“ (hölzernes Pumpwerk) des Bergwerkes selber. Eine Beschreibung im Bericht über einen Schulausflug zu den Rheinbreitbacher Bergwerken aus dem Jahre 1805 verdeutlicht die Größe und Funktion der Anlage:
Nicht weit von dem Schachte sahen wir eine so genannte Kunst. In einer ziemlich weiten Grube war ein Rad, das vierzig Schuh (ca. 12,50m) im Durchmesser hatte. Die eiserne Achse desselben oder der Zapfen am Wellbaume war drei Zoll dick. Ein kleiner dahin geleiteter Bach bewirkte seinen Umschwung. Außer diesem Kunstwerke steht noch ein anderes unter der Erde. Aus der Tiefe hörten wir das Knistern und Pochen desselben, und das Rauschen des Gewässers. Um dieses Werk in Bewegung zu setzen, musste also in gewisse Teufe Wasser geleitet, und um dieses Wasser wieder abzuleiten, ein Erbstollen getrieben werden, der es am Fuße der Anhöhe, worauf wir uns befanden, wieder zu Tage brachte. Die Einrichtung der Pumpen ist folgende: Sie sind alle von Holz, paarweise nebeneinander und zu zehn übereinander gestellt; bei jedem Paare befindet sich ein Becken, ausgenommen bei den beiden, die oben stehen, und das Wasser zu Tage ausführen. Das zweite Paar Pumpen leeret das Becken, das dass untere Paar füllte, und so geht’s fort von unten herauf bis zum höchsten Paare, und alles ist und bleibt zugleich in Bewegung. Auf jeden Zug steigt ungefähr ein Kubikfuß Wasser (ca. 31 Liter) hervor. Überhaupt ist der Mechanismus dieses Kunstwerks so eingerichtet, dass, wenn eine einzige Pumpe stockt, das ganze Werk zugleich stocken muss, ohne dass dadurch weiterer Schade angerichtet wird; die fehlerhafte Pumpe wird sogleich durch eine neue, die man auf diesen Fall immer in Bereitschaft hat, auf der Stelle ersetzt. Da der Herr Bergmeister versprach, uns das Ganze in einem kleinen Modelle zu zeigen, und unsere Gesellschaft zu groß war, um, ohne uns einen Wagestückes zu beschuldigen, ins Innere zu steigen, so begnügten wir uns mit dieser Beschreibung. Ich habe nur noch beizufügen, dass dies ganze große Werk keinen andern Zweck hatte, als die unterirdischen Wässer aus den Gruben empor zuleiten.

Übersichtskarte
Übersichtskarte
(Ausschnitt aus topographischer Karte 1:25.000, Blatt 5.309)

Folgt man auf der deutschen Grundkarte (M 1:5000, Blatt Bruchhausen) dem Bachlauf von St. Marienberg etwa 400m nach Nord-Westen an die Stelle wo der Hattenbach in den Breitbach mündet, so findet man hier die alte Gemarkung „An der Schleifmühle“. Ältere Einheimische nennen die Gegend „Am gelben Sandhaufen“, sehr wahrscheinlich ein überlieferter Hinweis auf eine Hinterlassenschaft des um 1850 hier errichteten Vitriolwerkes. Auch von der ehemaligen Schleifmühle sind in den momentan bekannten Quellen und in der Heimatliteratur keine Informationen zu finden. Der Gemarkungsname „Schleifmühle“ ist allerdings auch in anderen Bergbaugegenden überliefert. Man kann daher davon ausgehen das hier ein großer Schleifstein von einem Wasserrad angetrieben wurde. Nahe liegend ist, dass er dem Nachschleifen und Anspitzen der bergmännischen Werkzeuge diente. Als Schleifmühlen bezeichnete man aber auch Betriebe, in denen Natursteine gesägt und geschliffen wurden. Die bearbeiteten Steine wurden für Hausbauten, Kirchen und Kunstgegenstände verwendet. Diese Nutzungsmöglichkeit kann man hier allerdings als unwahrscheinlich ansehen, da die direkte Nähe zu einem größeren alten Steinbruch fehlt. Entlang des Hanges der Gemarkungen „In dem Einsiedel“ und „Auf dem Böscheid“ kann man heute noch bruchstückhaft Reste eines trockengefallenen Wasserlaufes (Grabens) finden. Er führte von einem ehemaligen Teich im Taleinschnitt von Nord-Osten her kommend, in etwa der 150 bis 140m Höhenlinie folgend, bis in den Bereich der ehemaligen Schleifmühle. Ob er dem Antrieb der Mühle oder möglicherweise anderer bergbaulichen Anlagen diente, ist heute schwer festzulegen. Dieser uralte Wasserlauf wurde bereits von den Bergbautätigkeiten des 19. Jahrhundertes und in jüngerer Zeit durch die Anlage von Forstwegen mehrfach unterbrochen und überlagert.

Obere Mühle, Haus von Rhodius
Obere Mühle, Haus von Rhodius,
Zeichnung von F. Neunkirchen

Mehr gibt es von der „Oberen Mühle“ oder auch „Obersten Mühle“ zu berichten, die sich wiederum 400m weiter des Breitbach-Wassers bediente (etwa 200m östlich der ehemaligen Ziegelei). Die Getreidemühle wurde in Akten des Koblenzer Landeshauptarchivs im Jahre 1376 erstmalig erwähnt. Peter Müller pachtete die Mühle zum Ende des 16. Jahrhunderts von Gertrud von Breitbach auf 12 Jahre. Die Pacht betrug 12 Malter Korn Unkeler Maßes. Trockene, wohl gereinigte, marktfähige Ware, jährlich zu 4 Terminen auf die Untere Burg in Rheinbreitbach zu liefern. Für den Gebrauch der Herrin musste der Müller das Mehl molterfrei ins Haus bringen, ferner jährlich 4 Fuhren Brandholz in den Unkeler Büschen holen, sowie sonstige Rheinfahrten erledigen. Für Reparaturen an der Mühle musste er ebenfalls aufkommen. Nach 1603 ging die Obere Mühle mehrfach an wechselnde Pächter. 1720 wurde sie in den Grundmaßen 30 x 24 Schuh neu aufgebaut. Das Wasserrad wurde von Müller Peter Bornheim neu angebracht. Nur 14 Jahre später muss sich das Gebäude aber schon wieder in einem „elenden Zustande“ befunden haben. Das Dach war undicht und Decken fehlten. Der Müller hatte alte Bretter auf die Balken gelegt, auf denen nicht einmal Getreide aufgeschüttet werden konnte. Die Mühlsteine, die Welle des Kammrades und andere Teile waren ganz verschlissen.
In der Nachbarschaft der Mühle befand sich damals die St. Marienberger Kupferschmelzhütte, um die nun ein Streit entbrannte. Von Anton Clouth waren zuvor beide Bergwerke (Virneberg und Marienberg) wie auch die Schmelzhütte gemeinsam betrieben worden. Ab 1725 beanspruchten die neuen Betreiber (Gewerken) des St. Marienbergs, Wilhelm Hack und Reinhard Meinerzhagen, die Nutzung der Hütte für sich alleine.

Ansicht eines Pochwerks
Ansicht eines Pochwerks,
Agricola 1557

Die Virneberger Gewerkschaft hatte die Hütte jedoch 1694 mit großen Kosten instand setzen lassen. Die St. Marienberger Gewerkschaft pachtete dann 1726/1727 das Gefälle der Oberen Mühle für eine Pacht von „12 Maltern Korn und einem fetten Schwein“ an den Freiherrn von Breitbach und errichtete eine neue Schmelzhütte. Die Gebäude wurden dann von 1749 bis 1771 von den Gewerken zur Verarbeitung der Erze benutzt. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in direkter Nähe das kleinere Bergwerk „Schmelzer“ betrieben. 1872 ist auf einer Grubenkarte das „Haus von Rhodius“ eingezeichnet, das in seinen Grundmaßen 9,40 x 7,50m ziemlich genau den Mühlenmaßen 30×24 Schuh entspricht. Der bekannte Rheinbreitbacher Maler Franz Neunkirchen hat von dem stattlichen Fachwerkhaus eine eindrucksvolle Zeichnung hinterlassen. Er nannte das verlassene Haus „Villa Einsam“. Heute findet man lediglich, versteckt in der Wegeböschung, spärliche Reste der Grundmauern.

Das Wasser des Breitbachs wurde in seinem Lauf an mehreren Stellen zur Aufbereitung der Erze aus den Bergwerken verwendet. Vor dem Trennen des Kupfererzes vom tauben Material, auf den so genannten Waschherden, musste das Gestein in Pochwerken staubfein zerkleinert werden. Im Wechsel der Bergwerksbetriebsperioden kam es wiederholt zum Verfall und Wiederaufbau von Aufbereitungsgebäuden, so dass die Lage und die Funktion der Gebäude heute nur schwer zuzuordnen sind. Nose führt 1789 in seinen orographischen Briefen über das Siebengebirge für den Virneberg zwei Pochwerke mit jeweils 6 Stempeln auf. In der Tranchot / v.Müffling Karte (1803-1820) sind die Werke (im Bereich der heutigen Tennisplätze) vermerkt. Auf einer Übersichtskarte aus dem Jahr 1855 von Markscheider Grohse sind zwischen der heutigen Einfahrt zum Rheinbreitbacher Waldfriedhof und dem Bereich an der Oberen Mühle insgesamt 4 Pochen eingetragen. Obwohl bereits die Dampfkraft ihren Einzug im Bergbau gehalten hatte, war das Virneberger Pochwerk bis 1850 auf 10 Stempel erweitert worden. Die anfangs erwähnte Schulklasse besuchte 1805 auch ein Pochwerk, in der Beschreibung heißt es: Dies ist eine Art von Mühle, die durchs Wasser getrieben wird, und fast wie eine Ölmühle ihr Schlagbalken hat. Unter diesen werden die von den Kindern in Stücke von 1, 2 bis 3 Zoll (25-75mm) zerschlagenen Erze in Staub verwandelt. Dies geschieht im Wasser, so dass die Steine immer nass sind, wenn die unten im Eisen beschlagenen Balken darauf fallen; welches sehr notwendig ist, weil sie sich ohne Wasser durch die Gewalt des Falles auf den Steinen entzünden würden, wodurch ein Teil des Staubes in der Luft verfliegen würde. Auch beschleunigt das Wasser die Zerreibung. Unter dem Pochwerke befinden sich Becken, worin der Staub sich sammelt. Aus dem Pochwerke wird dieser Staub in die Waschhalde gebracht, wo das Erz gewaschen, d.h. von den Stein- oder Erdeteilchen geschieden wird.

Im unteren Bereich um das heute geschlossene Waldschwimmbad müssen sich früher die Virneberger Schmelzhütte und das unterste Pochwerk befunden haben. In der direkten Nähe, unmittelbar an der jetzigen Einfahrt zum Waldfriedhof, entstand 1819 ein Stauteich für die untere Mühle, der für einigen Ärger und einen langjährigen Rechtsstreit sorgte. In der Hartnäckigkeit, mit der die Rheinbreitbacher Bürger um die ihnen gewohnte Wassernutzung kämpften, wird die damalige große Bedeutung des Baches für den Ort deutlich. Beim Füllen des Mühlenteiches fiel unterhalb der Bachlauf trocken und im Dorf fehlte das Wasser zur Viehtränke und zum Waschen. Wegen der großen Zahl von Fachwerkhäusern im Ort empfand man den Mangel an Löschwasser besonderes bedrohlich. Die Beschwerden gingen über den Landrat bis zur preußischen Bezirksregierung in Koblenz. Dort wurde auch Graf von Renesse-Breitbach vorstellig, der seine angestammten Rechte am Bachlauf wahren wollte. Es wurde ein Gutachten von auswärtigen Müllern angefertigt und eine Übereinkunft vorgeschlagen: Nur nachts durfte der Bach in den Mühlenteich geleitet werden und der Burggraben sollte sicherheitshalber für Löschzwecke mit Wasser gefüllt werden. Die Streitereien gingen jedoch noch einige Zeit weiter.

Ölmühle mit Gesindehaus
Ölmühle mit Gesindehaus,
Zeichnung von F. Neunkirchen

Das ursprüngliche und natürliche Bett des Breitbachs verlief über die heutigen Flächen von Altenplatz und Sportplatz. Dort war früher ein Sumpfgebiet, „de Peersch“ genannt. Der entlang der Westerwaldstraße gerade verlaufende Bach diente schon der Zuführung des Wassers zur Unteren Mühle und zur Erlangung des notwendigen Höhenunterschiedes zum Antrieb des oberschlägigen Mühlrades. Diese Mühle war schon im Jahre 1376 freiadeliges Eigentum der Herren von Breitbach und gehörte nicht zum kurkölnischen Lehen. Das aus solidem Bruchstein-Mauerwerk errichtete Gebäude wurde 1631 an Dederich Neunkirchen auf 12 Jahre verpachtet. Die jährliche Pacht betrug 2 Malter guten reinen Kornes Unkeler Maßes und ein gutes fettes Schwein. Zudem musste der Müller noch Verpflichtungen des Hauses Breitbach übernehmen: Die Lieferung von je einem Malter Korn an die Kirche zu Unkel, nach Rolandswerth, an den Küster zu Rheinbreitbach und 4 Malter an St. Mariengraden zu Köln. Für die Herren von Breitbach hatte er molterfrei zu mahlen. Im 17. und 18. Jahrhundert wechselten mehrfach die Pächter. Erwähnt werden soll hier der Pächter in den Jahren 1704 und 1729, Peter Bornheim, der zur gleichen Zeit auch die Obere Mühle betrieben hatte. Es war damals üblich, die Frauen der Müller in den Verträgen mit haftbar zu machen, so konnten sie auch nach dem Todes ihres Mannes die Mühle alleine weiter führen. Dies tat die Witwe des Müllers Schäfer mit ihrem zweiten Mann Peter Hilger während der schweren Zeit der Franzosenherrschaft am Rhein. Sie musste 1802 dem Grafen von Renesse-Breitbach mitteilen, dass sie die Pacht nicht zahlen könnte. Als Gründe gab sie unter anderem an, dass ihr durch die neue Mahlmühle der Erben Kreften (Benden-Mühle) die Hälfte der Kunden entzogen würden und, dass von der linken Rheinseite durch die Franzosen kein Korn mehr herüber gelassen würde. Die Mühlenpächter hatten früher zwei bis drei Esel gehalten, um „das Gemahl“ einzuholen. In der schwierigen Zeit war es nur noch ein Tier. Die Pacht setzte man dann von 22 auf 18 Malter herab. 1817 wurde sie für Anton Alfter aus Honnef auf jährlich 233 Reichstaler oder 320 Gulden und 22 Kreuzer, sowie je 1 Malter Korn an die Kirchen in Unkel und Rheinbreitbach festgelegt. Bereits 1819 wurde mit Gottfried König wieder ein neuer Müller erwähnt. Um 1895 war dies dann Johann Schneider, dessen erste Ehefrau durch einen tragischen Unfall am Mühlrad ums Leben gekommen ist. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Mühlenbetrieb eingestellt, der Hof aber noch für landwirtschaftliche Zwecke weiter betrieben. Letzte Pächter waren Ernst Weitze und der spätere Bauunternehmer „Hännes“ Schneider, der auch als Heimatdichter bekannt geworden ist. Im schwungvollen Zeitgeist des „Baubooms“ erfolgte Mitte der 1970er Jahre der Abriss der jahrhundertealten Mühle. An ihre Stelle trat der Neubaukomplex aus Mehrzweckhalle, Gaststätte und Tennishalle.

Folgt man heute dem Weinbergsweg von der „Hans-Dahmen-Halle“, an deren Stelle sich früher einmal der Mühlenteich befand, in Richtung des Ortskerns, so benutzt man die gleiche Trasse, die auch der Wasserlauf zur nächsten Mühle nahm. Dort wo der Weg mit etwas Gefälle einen Bogen um einen kleinen Hügel mit zwei Bänken macht, war der historische Standort der Ölmühle. Im heimischen Dialekt wurde sie „de Ollersmüll’“ genannt. Sie befand sich in direkter Nähe des Gesindehauses der ehemaligen Unteren Burg, und gehörte ebenfalls zum Lehen der Herren von Breitbach. In ihr wurde aus Raps, Mohn oder Bucheckern pflanzliches Öl gewonnen. Die Pflanzenteile wurden sehr wahrscheinlich unter zwei großen, sich aufrecht drehenden Mühlsteinen zerquetscht. Mancherorts dienten auch Schlagbalken, ähnlich wie in den bereits beschriebenen Pochwerken, dem gleichen Zweck. Wie alt die Ölmühle war, ist nicht mehr bekannt. 1696 soll sie an L. Eulers verkauft worden sein. 1699 taucht in der Historie der Pächter Johann Lang auf. Arnold Strunck zahlte 18 Taler Pacht im Jahre 1756 und musste der Kirche in Unkel 7 Maß Öl abgeben. Um 1800 hießen die Ölschläger Johann Peter Mendgen und Arnold Henscheid. In diese Zeit fällt auch eine aus der Familienchronik Westhoven überlieferte Geschichte aus den Jahren nach der französischen Revolution. Die damaligen Bewohner der Ölmühle (oder möglicherweise der unteren Mühle) verkündeten den erstaunten Rheinbreitbachern ein Wunder und präsentierten ihnen, natürlich erst nach Entrichtung einer Art Eintrittsgeldes, eine „stigmatisierte Frau“. Auch der Chronist Westhoven war damals schon skeptisch und hielt die „Wundmale Christi“ an den Händen und Füßen der armen Frau eher für eine ausgekochte Geldeinnahmequelle zu Notzeiten (Anmerkung: Leider ist die für die Ortsgeschichte bedeutende Westhoven-Chronik in den 1970er Jahren auf unerklärliche Weise aus den Beständen des Heimatvereins verschwunden, so dass die interessante Geschichte nur noch unvollständig und dem Hörensagen nach weiter gegeben werden kann). 1802 und 1804 bat Heinrich Kreften um die Überlassung der Ölmühle. Der Burgverwalter Karst verpachtete sie dann an die Witwe Hillen, die später jedoch kündigte. Die Mühle hat wohl noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bestanden und wurde dann durch mehrmaliges Feuer (zuletzt 1908) zerstört. Auf alten Postkarten mit Ortsansichten aus den 1920er Jahren waren noch die Grundmauern zu erkennen.

Das ehemalige Hammerwerk
Das ehemalige Hammerwerk

Von der ehemaligen Ölmühle aus, an der alten Dorfkirche vorbei, floss der Breitbach offen durch den Ort und folgte der heutigen Rheinstraße. Er war mit Bruchsteinmauern seitlich eingefasst und über steile Treppen konnte man an verschiedenen Stellen Bachwasser entnehmen. Die überquerenden Straßen wiesen einen gemauerten Durchflusskanal (Brücke) auf. Ältere Einheimische kennen noch die alten Namen: „de Jaße-Brück“ (von Gasse) heute Burgstraße und „de Brück“ heute Kreuzung Kirchplatz / Hauptstraße. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden die Bäche im Ort (Vonsbach und Breitbach) dann vollständig kanalisiert und mittels Basaltsäulen abgedeckt.

Mühlrad der Benden-Mühle
Mühlrad der Benden-Mühle
(Foto: M. Rohfleisch)

Der Breitbach nahm weiter entlang der Bendenwiesen seinen Lauf in Richtung Rhein. Auf den Grundstücken der heutigen Häuser Rheinstraße 21-27 befand sich noch vor 100 Jahren der nächste Stauweiher. Das Gebäude des ehemaligen Hammerwerks (Rheinstraße 29) überstand die Zeit und ist auch heute noch bewohnt. Bereits 1828 ist das Haus im preußischen Urkataster zu erkennen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts betrieb Conrad Adenauer mit seiner Familie hier eine Schmiede. Produkte waren unter anderem landwirtschaftliche Werkzeuge, wie beispielsweise: „Häb“ (leichte Handaxt), „Hau“ (Feldhacke), „Kaasch“ (Weinbergshacke), „Flatschbeil“ (Zimmermannsbeil) und Ähnliches. Von der Familie des Schwiegersohnes Johann Schmelzer wurde das Hammerwerk weitergeführt und dann der Betrieb in den 1930er Jahren eingestellt.

Nach nur 300 Metern beschaulichem Lauf durch frühere Wiesen stand schon der nächste Kraftakt für den Breitbach an. Dort wo jetzt die Häuser Rheinstraße 50 u. 52 stehen, lag ehemals der Mühlenteich der Bendenmühle, auch Kreftensche Mühle genannt. Sie befand sich im heutigen Wohnhaus Rheinstraße 56. Das Wasserrad auf der versteckten Gebäude-Nordseite und das Zulaufrohr aus verzinktem Eisenblech sind bis zum heutigen Tage erhalten geblieben. Nachdem die Obere Mühle um 1727 mit in den Hüttenbetrieb der Bergwerke einbezogen wurde, reichte die Untere Mühle nicht mehr zur Bewältigung des Mahlgutes in Rheinbreitbach aus. In der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde deshalb mehrmals um die Erlaubnis zur Errichtung einer neuen Mühle in den Benden ersucht. Diese scheiterte aber am Widerspruch des Freiherrn von Breitbach. Zur Alternative bemühte sich Burgverwalter Heinrich Kreften (Kräften) 1795 auch um die Genehmigung zum Betrieb einer Rheinmühle. Dem Unkeler Schöffen Klasen war jedoch schon die Erlaubnis zum Bau einer Schiffsmühle unterhalb der Stadt erteilt worden. Beide Vorhaben kamen nicht zur Ausführung. Nachdem Franz-Ludwig von Breitbach am 21.02.1796 verstorben war, konnte Heinrich Kreften anscheinend die Wasserechte klären und die neue Mahlmühle in den Bendenwiesen errichten. Die Mühle war auch zum Zerkleinern von Hirse- und Gerstenschalen eingerichtet und wurde von den Schwiegersöhnen Kreftens betrieben. Im Haus wohnte um 1800 Meister Berger, der zum Transport des Mahlgutes einen Esel hielt. Später ist die Mühle von der Familie Braun betrieben worden, die dann im Anfang des 20. Jahrhunderts nach Honnef umzog. Neuer Besitzer wurde die Familie Maier-Wachholder.

Die ehemalige Rolandsmühle
Die ehemalige Rolandsmühle

Jetzt könnte man denken „der Breitbach hat es geschafft“, von der Bendenmühle zum Rhein sind es nur noch wenige 100 Meter. Aber weit gefehlt. In einem Mühlenweiher an der alten Heerstraße, neben dem unteren Maar, wurde sein Wasser nochmals angestaut. Ein Graben leitete es über einen halben Kilometer weit nach Norden, bis unmittelbar an die Orts-, Kreis,- und Landesgrenze. Gerade noch auf Rheinbreitbacher Gebiet befand sich am Rheinufer die Rolandsmühle. Ihr Ursprung liegt im 16. / 17. Jahrhundert. Der alte Name „Lohfeldsmühle“ könnte auf eine Funktion als Lohmühle hinweisen. Mittels zerkleinerter Eichenrinde, der Lohe, wurde früher Leder gegerbt. Die Namen der Gemarkungen „Klobbenort“ und „Kloppert“ in der Umgebung lassen eine Deutung in der gleichen Richtung zu. Von dünneren Eichenstämmen und Ästen wurde damals die Lohe abgeklopft. Die Nutzung der Mühle wurde dann jedoch mehrfach geändert. In historischen Karten ist das Gebäude 1819 und 1845 als Schleifmühle verzeichnet, 1872 als Lohfelds-Ölmühle. 1886 wurde sie von Gebrüdern E. und J. Broich als Farbmühle betrieben. Da die Brüder aus Rolandseck stammten, nannten sie ihre Mühle „Rolandsmühle“.

Rolandsmühle in Rheinbreitbach
Rolandsmühle in Rheinbreitbach

Hier entstanden zum Ende des 19. Jahrhunderts erste Anfänge der chemischen Industrie. Es wurde ein Schmelzofen zur Herstellung von Chlorbarium genehmigt und errichtet. 1893 firmierte man unter dem Namen: Barytwerk Rolandsmühle, E. Broich & Co. Nachfolger (Inh. G. Chardon – Dr. H. Kaiser) Mit den hier gewonnenen Erfahrungen konnte damals ein ehemaliger Mitarbeiter eine Konkurrenzfabrik in Bad Hönningen aufbauen, die schnell mit Erfolg den deutschen Markt eroberte und damit die Rolandsmühle ruinierte. Ein neuer Besitzer hieß Vohwinkel, ab den 1930er Jahren bewohnte Landrat Eich das Gebäude. Dessen Nachkommen kümmern sich bis heute um den Erhalt der historischen Mühle als Wohnhaus.

Bedenkt man abschließend einmal, dass der Lauf des Breitbachs gerade mal eine Länge von etwas über 4 Kilometer aufweist, so ist es sehr erstaunlich, wie vielfältig die Nutzung seiner Wasserkraft war. Über viele Jahrhunderte war dies in unserer Gegend die einzige Alternative zur Muskelkraft von Mensch und Tier. Füllte ein Müller seinen Teich, so grub er sprichwörtlich dem Nächsten das Wasser ab. So wundert es Einen nicht mehr, dass um die Wasserrechte jahrzehntelang zäh gerungen wurde. Erst die Erfindung der Dampfmaschine und die fortgeführte Industrialisierung im 20. Jahrhundert mit den Antrieben durch Elektromotoren machten die Mühlen mit ihren Wasserrädern überflüssig.

Jürgen Fuchs, 2005/2006

Verwendete Literatur:

  • Brungs / Faber, Geschichte Rheinbreitbachs, 1929/1952
  • J. Faber, Der Streit um den gräflichen Mühlenteich, Heimatkalender Kreis Neuwied 1939
  • G. Kügelgen, Feierstunden, kleine Lustreisen. Die Reise nach Breitbach, Godesberg 1806
  • C.W. Nose, Orographische Briefe über das Siebengebirge, Frankfurt 1789
  • Winfried Lenders, Die Holzlarer Mühle, Bonn 1999
  • Honnefer-Volkszeitung (har.), Mit der Lohfelder Mühle fing damals alles an, 3./4.11.1999
  • M. Rohfleisch, Magazin Rheinkiesel, Es klappert die Mühle am rauschenden Bach, 06.2005
  • Eugen Ernst, Mühlen im Wandel der Zeit, Konrad Theiss Verlag, 2005
  • Josef Kläser, Schiffsmühlen zw. Neuwied u. Rheinbreitbach, Heimatjahrbuch Kreis Neuwied 2006

Historische Karten:

  • Kartenaufnahme der Rheinlande durch Tranchot und v. Müffling,1803–1820. Nachdruck 1 : 25.000
  • Preußisches Urkataster v. Rheinbreitbach, 1828/29. Flurkarten 1 : 1.250
  • Preußische Kartenaufnahme, Uraufnahme, von Hippel, 1845. Nachdruck 1 : 25.000
  • Situationsplan der Umgebung von Rheinbreitbach, 1855. Kopiert v. Markscheider Grohse
  • Karte der Rheinstrombauverwaltung, K. hydr. Bureau, Section 8 Linz, 1872. 1 : 20.000
  • Köngl. Preuß. Landesaufnahme, Neuaufnahme, 1893. Blatt 5309 Köngswinter, 1 : 25.000

Mündliche Quellen:

Auskünfte von verschiedenen älteren Rheinbreitbacher Einwohnern